Andrea Bison, thjnk: «Ich bin einfach sehr glücklich

m&k: Andrea Bison, herzlichen Glückwunsch zum Sieg im Kreativranking 2022. Wie stolz sind Sie?

Andrea Bison: Stolz ist vielleicht das falsche Wort, es klingt so arriviert. Ich bin einfach sehr glücklich, dass aus dieser Agentur, die vor sechs Jahren ganz bescheiden in Untermiete gestartet ist, regelmässig so viele sichtbare Kreativimpulse kommen. Glücklich bin ich auch mit dem Stil, den wir über die Jahre etabliert haben. Wir glauben fest an den einen Gedanken, der alles verändern kann. Sobald dieser da ist, geht es darum, ihm Leben einzu­hauchen. Besonders dann, wenn wir Marken ganzheitlich auf dem Weg von der Vision zum Auftritt begleiten können, laufen wir zur Hochform auf. Es fasziniert mich immer wieder, wie aus Bruchstücken eines Briefings plötzlich Markenpersönlichkeiten entstehen, die mit dem Publikum sprechen. Das motiviert mich, dafür stehe ich jeden Morgen auf. Gut okay, davor streiche ich noch ein paar Brote für meine Kinder.

 
Was braucht es, um diese Erfolgs­geschichte zu schreiben?

Viel Leidenschaft und Hartnäckigkeit. Aber auch viele Fragen stellen. In unserer Agentur kursiert ein lustiges Bild: Wir sind ein bisschen wie Columbo, wir kommen immer wieder zur Tür rein und stellen noch eine Frage, die uns in unserer Arbeit weiterhilft. Wir versuchen, Marken zu beraten, zu führen, besser zu machen. Ich denke, es wird generell unterschätzt, wie viel Einfluss man beim Formen von Markenkommunikation hat. Dort liegt sehr viel Differenzierungspotenzial. Gleichzeitig wird überschätzt, dass dies allein im geschützten Raum einer Marktforschung entstehen kann.

 
Das Kreativranking ist für die ­Schweizer Agenturszene eine gute Referenz. Wofür nutzt Ihre Agentur diese?

Das Kreativranking ist eine der seltenen Möglichkeiten, einen mehr oder weniger objektiven Vergleich in Sachen Kreativität zu ziehen. Es geht in erster Linie um Wettkampf und Konkurrenzfähigkeit. Darum beteiligen wir uns an Kreativwettbewerben. Wir wollen konkurrenzfähig bleiben. Für alle, die sich für unsere Agenturmarke interessieren, neue Kunden und neue Mitarbeitende.

 
Thjnk surft auf einer Erfolgswelle: Harte Arbeit, gepaart mit kreativer Genia­lität. Verraten Sie uns, wie diese Balance zustande kommt.

Das mit der Balance ist keine einfache Frage. Ich denke, es ist eine Mischung aus Vertrauen und Fokussierung. Wir versuchen in unserer Agentur, den Mitarbeitenden grösstmöglichen Spielraum zu lassen, aber dann sind wir auch immer wieder in der Lage, die Energie im entscheidenden Moment zu bündeln. Diesen Sweet Spot zu finden, ist zugegebenermassen nicht immer leicht.

 
Welche Kampagnen haben Sie besonders begeistert?

Im letzten Jahr begeisterten mich viele unserer Kampagnen. Allen voran der neue Auftritt für Sunrise. Der Launch der neuen Marke im späten Frühjahr, der gemeinsam mit unseren Partneragenturen geschaffen wurde. Später im Jahr dann die Kampagne mit den Netflix-Zitaten und natürlich die Aktion zu Roger Federers Rücktritt, wo kurzerhand der Provider-Name Sunrise in «Thanks Roger» geändert wurde. Toll, dass ein Kunde so eine Idee möglich macht. Weiter begeistert mich, dass wir für Ochsner Sport jedes Jahr so viele tolle Kommunikationschancen bekommen, dafür kann man als Agentur einfach nur dankbar sein. Meine Highlights waren die Wintersportkampagne mit den fotografischen Flashbacks, der WM-Spot, in dem der Kopf eines Schneemanns zum Fussball wird und Fussball zum neuen Wintersport macht, und das aus Merinowolle gestrickte Nati-Winter-Trikot.

 
Und welche Kampagnen haben Sie besonders berührt?

Persönlich berührt hat mich, dass die Credit Suisse mit dem Schweizerischen Fussballverband gleiche Prämien für Frauen und Männer eingeführt hat. Im Spot dazu singt eine einzelne Frau die Fussballhymne «You never walk alone» – davon bekomme ich noch heute Gänsehaut. Und dann bin ich ein Mensch, der gerne lacht. Fragen Sie mein Team. Darum schaue ich den Hundespot von Denner immer wieder gerne.

 
Was ist Ihrer Meinung nach Gift für die Kreativität?

Eine Agentur ist ein Biotop. Damit das Ökosystem funktioniert, braucht es Nahrung, Pflege und Schutz. Das alles Entscheidende ist, dass das Klima stimmt. Das kann das Klima in einer Agentur sein, aber auch das Klima in einem Unternehmen, das uns den Auftrag erteilt. Unsere Aufgabe in der Führung ist es, dieses Klima zu schützen und zu fördern. Dann übersteht es auch mal einen Sturm.

 
Kreation, Beratung, Strategie. Wie bringt Ihre Agentur das in Balance, und wo liegen welche Schwerpunkte?

Alle Punkte sind in unserer Arbeit gleich wichtig, deshalb sind sie in der Geschäftsführung auch gleichwertig vertreten. Die Geschäftsleitung sitzt in der Agentur an einem Tisch, und dieser Tisch befindet sich in einem grossen Raum, in dem fast das komplette Team sitzt. Es gibt keine Türen. Das macht die Kommunikationswege kurz und schafft Transparenz. Selbst in Zeiten von Homeoffice haben wir eine gute Belegung in der Agentur. Einfach, weil alle merken, wie effizient diese Arbeitsweise ist und wie viel besser die kreative Energie. Ausserdem müssen wir als Agentur den Zusammenhalt und unsere Kultur pflegen, sonst unterscheidet uns bald nichts mehr von einem Freelancer-Konsortium. Selbst die Freelancer arbeiten gerne bei uns vor Ort. (lacht)

 
Zu guter Letzt: Ihr Ausblick auf das angebrochene Jahr 2023?

Wir sind inzwischen bei einer Grösse von 34 Mitarbeiter:innen angelangt. Eine ideale Grösse für eine Einheit, wie ich aus meiner Zeit bei Springer & Jacoby weiss. Diese Grösse erlaubt es uns, national sichtbare Kampagnen zu machen, aber gleichzeitig noch voll im Tagesgeschäft involviert zu sein. Für 2023 steht das qualitative Wachstum im Vordergrund, Kreativität und Kundenzufriedenheit steigern.

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